„Mit Extremisten streiten“ – Parlamentarischer Abend von DSF und HSFK in Berlin

In seiner Eröffnung betonte Dr. Michael Meister, Parlamentarischer Staatssekretär bei der Ministerin für Bildung und Forschung und Vorsitzender des Stiftungsrats der DSF, dass das Thema des Abends von bedrückender Aktualität sei. Politisch motivierte Gewalt, sei es in Form von physischen Angriffen auf gewählte Vertreter*innen der demokratischen Grundordnung und wie in Halle auf die jüdische Gemeinde oder in Form verbaler Attacken in den sozialen Medien (Hassreden), habe in den letzten Jahren stark zugenommen. Der von der DSF und dem Leibniz-Institut Hessische Stiftung Friedens- und Konfliktforschung (HSFK) gemeinsam veranstaltete Parlamentarische Abend widmete sich der herausfordernden Frage, wie Extremismen präventiv entgegengewirkt werden könne.

Prof. Dr. Nicole Deitelhoff, geschäftsführendes Vorstandsmitglied der HSFK, warb für eine offensive Auseinandersetzung mit Extremismen im öffentlichen Raum, um freiheitlich-demokratische Werte zu schützen. Der vielfach zu beobachtende Rückzug aus einer aktiven gesellschaftlichen Debatte fördere die Abnabelung von grundlegenden demokratischen Normen und Werten. Es gelte daher eine produktive Streitkultur als Kernbereich demokratischer Praxis wiederzubeleben. Hierfür seien Kompetenzen erforderlich, die vor allem durch kreativ gestaltete politische Bildungsprogramme auf unterschiedlichen gesellschaftlichen Ebenen erworben werden könnten. Die Wissenschaft könne hierfür wichtige Beiträge leisten, nicht zuletzt eine strukturelle Förderung des bislang eher vernachlässigten Wissenstransfers.

Judy Korn vom Violence Prevention Network ergänzte diese gesamtgesellschaftliche Perspektive um Einblicke in die Deradikalisierung von einzelnen Personen in einem nicht-öffentlichen, geschützten Raum, was auch als sekundäre und tertiäre Prävention bezeichnet wird. Hierbei gehe es um das übergeordnete Ziel, Extremist*innen dazu zu bringen, ihr schädigendes Verhalten zu beenden und die ihre menschenverachtenden ideologischen Einstellungen zu verändern. Vor dem Hintergrund der Erfahrung, dass Repression häufig wenig oder keine Verhaltensänderungen bewirke, bleibe nur der Weg der Deradikalisierung mittels dialogischer Formate. Unter der Voraussetzung einer grundsätzlichen Bereitschaft der betreffenden Person gehe es darum, das Handeln in Gesprächen zu hinterfragen, Alternativen aufzuzeigen und eine Selbstreflexion zu ermöglichen. Dies sei ein schwieriger, mitunter auch konfrontativer Prozess, der aber nicht in Gegnerschaft zum Erfolg führen werde. Judy Korn hob hervor, dass die Förderprogramme in Deutschland im internationalen Vergleich gut ausgestattet seien. Diese müssten jedoch durch die Politik langfristig abgesichert werden, um den hohen Standard aufrecht zu erhalten.

Den beiden Einführungsbeiträgen folgte eine engagierte Diskussion, die Prof. Dr. Ulrich Schneckener, Vorsitzender des Vorstands der DSF, moderierte. Hierbei ging es insbesondere um die Frage, wie die geforderte Auseinandersetzung geführt werden könne und wie mit gezielten Grenzverletzungen und Provokationen umzugehen sei. Des Weiteren wurde vorgeschlagen, die Erfahrungen aus der internationalen Krisenprävention auch für die eigene Gesellschaft nutzbar zu machen. In ihren abschließenden Kommentaren hoben die beiden Referentinnen noch einmal ausdrücklich die große Bedeutung von Präventionsprogrammen unter Beteiligung verschiedener gesellschaftlicher Institutionen und Akteure hervor. Demokratie sei von ständigen Grenzverschiebungen geprägt, sie sei nun einmal unbequem und müsse stark gemacht werden, den Streit mit Extremisten auszuhalten und zu führen.

Das Programm des Parlamentarischen Abends finden Sie bereits hier online.