Narrative des Tech War: Technologische Konkurrenz und internationale Konfliktdynamiken im Dreieck US-China-EU
Projektleitung: Prof. Dr. Kai Oppermann, Philosophische Fakultät der TU Chemnitz mit Dr. Daniel Lambach, Institut für Entwicklung und Frieden der Universität Duisburg-Essen
Projektbearbeitung: –
Projekttyp: Pilotprojekt
Fördersumme: 58 Tsd. Euro
Laufzeit: 12 Monate
Narrative des Tech War: Technologische Konkurrenz und internationale Konfliktdynamiken im Dreieck US-China-EU
Projektleitung: Prof. Dr. Kai Oppermann, Philosophische Fakultät der TU Chemnitz mit Dr. Daniel Lambach, Institut für Entwicklung und Frieden der Universität Duisburg-Essen
Projektbearbeitung: –
Projekttyp: Pilotprojekt
Fördersumme: 58 Tsd. Euro
Laufzeit: 12 Monate
Publikationen
Lambach, Daniel, Jakob Landwehr-Matlé und Kai Oppermann. 2023. Narratives of “Tech Wars”: Technological Competition, Power Shifts and Conflict Dynamics Between the US, China and the EU, In: EasyChair Preprint, Link.
Zusammenfassung
Das Forschungsvorhaben fragt nach den internationalen Konfliktpotentialen des digitalen Technologiewettstreits zwischen den USA, China und der EU. Im Zuge der Digitalisierung hat die Rivalität um Technologieführerschaft eine strategische Qualität gewonnen und ist zu einer zentralen Dimension der zunehmenden geopolitischen und geoökonomischen Großmächtekonkurrenz im Dreieck USA-China-EU geworden. Die Versicherheitlichung digitaler Hochtechnologien findet ihren Ausdruck in der verbreiteten Wahrnehmung eines sich verschärfenden „Tech War“ zwischen den drei Akteuren. Vor diesem Hintergrund geht es dem Projekt darum, die vorherrschenden Interpretationen der digitalen Technologiekonkurrenz in der Interaktion zwischen den USA, China und der EU herauszuarbeiten und dadurch deren sicherheitspolitische Implikationen und mögliche Eskalationsdynamiken aufzuzeigen. Ein besonderes Augenmerk liegt dabei darauf, wie sich die EU angesichts der zunehmenden US-chinesischen Spannungen verortet und welche politischen Positionen und Strategien sie daraus ableitet.
Das Projekt geht methodisch davon aus, dass die sicherheitspolitische Bedeutung der digitalen Technologiekonkurrenz zwischen den Großmächten im politischen Diskurs konstruiert wird. Die Auswirkungen dieser Konkurrenz für Frieden und internationale Sicherheit sind keine objektiven Sachzwänge, sondern erwachsen aus den Deutungsmustern der handelnden Akteure. Aus diesem Grund wählt das Projekt einen diskurs- bzw. narrativanalytischen Zugang, der diese Deutungsmuster sichtbar machen kann. Hierzu sollen einschlägige Strategie- und Positionspapiere, ergänzt durch Analysen von Think Tanks und Einschätzungen von Expert:innen, ausgewertet werden. Dies erfolgt aus zweierlei Erwägungen: Erstens sind Narrative konstitutiv für politische Diskurse und die darin erfolgenden intersubjektiven Bedeutungszuweisungen. Zweitens bietet die Narrativanalyse einen strukturierten und innovativen Zugang für die wissenschaftliche Untersuchung politischer Diskurse. Für das bewilligte Pilotprojekt soll auf diese Weise zunächst der Bereich Künstliche Intelligenz als paradigmatische Fallstudie untersucht werden, von der wir uns außerdem Hinweise für die im Gesamtprojekt beabsichtigte Analyse weiterer digitaler Technologiefelder versprechen.
Das Forschungsvorhaben schließt eine Lücke in der bisherigen sozialwissenschaftlichen Auseinandersetzung mit dem Thema, die ihren Blick vor allem auf die materielle Dimension der Großmächterivalität im Bereich digitaler Technologien gerichtet hat. Im Gegensatz dazu verspricht der sozialkonstruktivistische Zugang des Projekts neue Erkenntnisse über künftige Konfliktlinien im Dreieck USA-China-EU, die sich nicht anhand der materiellen Aspekte der digitalen Technologiekonkurrenz erschließen, sondern durch die jeweiligen politischen Deutungen dieser Konkurrenz bedingt sind. Zum anderen erarbeitet das Projekt Anknüpfungspunkte für breiter angelegten Diskursanalysen zum aufziehenden Systemkonflikt zwischen den USA und China.
Die Relevanz des Forschungsvorhabens für die friedenswissenschaftliche Politikberatung besteht darin, dass es ein neues Licht auf die Bedeutung digitaler Technologien als Arena und Gegenstand internationaler Konflikte wirft, nicht zuletzt in den Beziehungen zwischen den Großmächten. Das Projekt zeigt, dass sich die Auswirkungen der Digitalisierung für Frieden und Sicherheit nicht allein aus der Materialität digitaler Technologien oder ihren praktischen Auswirkungen ergeben, sondern dass internationale Konflikte ebenso durch die diesen Technologien politisch zugeschriebene Bedeutung, zum Beispiel mit Blick auf Status, Reputation oder strategische Autonomie in der internationalen Politik, bedingt oder verschärft werden können. Darüber hinaus und allgemeiner regt das Projekt an, bei der Politikberatung die Aufmerksamkeit von Entscheidungsträgern auf die Bedeutung politischer Narrative für internationale Konflikte und Sicherheitsbedrohungen zu lenken.
Abstract
The research project asks about the potential for international conflict regarding digital technology in the unfolding rivalry between the United States, China and the European Union. As digitalization has proceeded, competition for technological leadership has gained a strategic quality and has become a central dimension of the increasing geopolitical and geo-economic great power competition in the US-China-EU triangle. The securitization of innovative digital technologies is expressed in the widespread perception of an intensifying “tech war” between the three actors. Against this backdrop, the project aims to identify the prevailing interpretations of digital technology competition in the interaction between the US, China and the EU and thus to highlight its implications for security policy as well as possible escalation dynamics. Particular attention will be paid to how the EU positions itself in the face of increasing US-Chinese tensions and which political positions and strategies it derives from this.
Methodologically, the project assumes that the security policy significance of digital technology competition between the great powers is constructed through political discourse. The effects of this competition on peace and international security are not objectively given facts but emerge from the patterns of interpretation of the actors involved. For this reason, the project chooses a discourse- or narrative-analytical approach that can make these patterns of interpretation visible. For this purpose, relevant strategy and position papers from official sources will be evaluated, supplemented by analyses of think tanks and expert assessments. This is done for two reasons: Firstly, narratives are constitutive for political discourses and the intersubjective attributions of meaning that take place in them. Secondly, narrative analysis offers a structured and innovative approach to the scientific study of political discourses. For the approved pilot project, the field of artificial intelligence will first be examined in this way as a paradigmatic case study, from which we also expect indications for the analysis of other digital technology fields intended in the overall project.
The research project closes a gap in the previous social science examination of the topic, which has focused primarily on the material dimension of great power rivalry in the field of digital technologies. In contrast, the project’s social constructivist approach promises new insights into future lines of conflict in the US-China-EU triangle, which are not revealed by more materialist approaches to the digital technology competition but are conditioned by the respective political interpretations of this rivalry. On the other hand, the project develops points of departure for broader discourse analyses of the emerging systemic conflict between the USA and China.
The relevance of the research project for peace studies and policy advice lies in the fact that it sheds new light on the significance of digital technologies as an arena and object of international conflict, not least in great power relations. The project shows that the implications of digitalization for peace and security do not arise solely from the materiality of digital technologies or their practical effects, but that international conflicts can equally be conditioned or exacerbated by the significance attributed to these technologies politically, for example regarding status, reputation or strategic autonomy in international politics. Furthermore, and more generally, the project encourages the attention of decision-makers to the significance of political narratives for international conflicts and security threats in policy advice.