The Life Sciences Revolution and Future Biochemical Arms Control
Forschungseinrichtung: TU Darmstadt
Projektleitung: Prof. Dr. Kathryn Nixdorff
Laufzeit: Mai 2007 – April 2009
Forschungseinrichtung: TU Darmstadt
Projektleitung: Prof. Dr. Kathryn Nixdorff
Laufzeit: Mai 2007 – April 2009
Kelle, Alexander; Nixdorff, Kathryn; Dando, Malcolm (2010): Strengthening BWC prevention of state-sponsored biowapons. In: Bulletin of the Atomic Scientists. 66 (1), 18-23. Zur Publikation.
Nixdorff, Kathryn (2010): Advances in targeted delivery and the future of bioweapons. In: Bulletin of the Atomic Scientists. 66 (1), 24-33. Zur Publikation.
Die Pharmakologie befindet sich gegenwärtig ebenfalls in einem fundamentalen Umbruch, in dessen Verlauf Verfahren zur Medikamententwicklung und –verabreichung (drug discovery, drug delivery) revolutioniert werden. In diesem Zusammenhang besitzen Bioregulatoren (organisch-chemische Verbindungen, die die Funktionen biologischer Systeme regulieren) eine entscheidende Relevanz für biochemische Rüstungskontrolle. Die Möglichkeiten des Mißbrauchs von Bioregulatoren stellen eine besondere Bedrohung dar, da sie verwendet werden können, um die Regelungsfunktionen physiologischer Systeme zu stören. Das Nervensystem und das Immunsystem sind zwei solche interagierenden physiologischen Systeme, die dafür besonders anfällig sind. Die Modulation der Funktionen von einem System mit einem Bioregulator wird tiefgreifende Effekte auf die Funktionen des anderen haben.
Seit etwa 20 Jahren werden die Entwicklungen in Wissenschaft und Technik alle fünf Jahre durch die Vertragsparteien des Biologischen- und Toxinwaffen-Übereinkommens (BWÜ) im Rahmen der Überprüfungskonferenzen analysiert und auf ihre Relevanz für das BWÜ geprüft. In unseren bisherigen Untersuchungen haben wir klare Hinweise auf einen deutlichen Perzeptionswandel bei Umfang und Tempo dieser Entwicklungen durch die Vertragsparteien festgestellt. Allerdings wurde dabei bis jetzt das volle Ausmaß des Mißbrauchspotentials interagierender physiologischer Systeme und die darausfolgende Notwendigkeit einer Stärkung der multilateralen Rüstungskontrolle noch nicht begriffen.
Die wechselseitige Abhängigkeit der Reaktionswege interagierender biologischer Systeme befördert das Dual-Use-Dilemma auf ein deutlich höheres Komplexitätsniveau. Der Versuch, mit dieser Komplexität so umzugehen, dass die Vorteile des wissenschaftlichen Fortschritts genutzt und seine Risiken minimiert werden, wird sich in der Zukunft immer schwieriger gestalten. In Anbetracht dieser Konstellation von Faktoren stellt sich die Frage, ob das BWÜ, das keine Organisation zu seiner Implementierung besitzt und keine effektiven Verifikationsmaßnahmen enthält, durch wissenschaftliche und technische Fortschritte in dem Sinne überrollt wird, dass die Vertragsparteien in der Zukunft unwillig werden, den benötigten Aufwand für die Analyse aufzubringen.
Durch die Fortschritte in S&T gerät die Verbotsnorm des Chemiewaffen-Übereinkommens (CWÜ) ebenfalls in Gefahr. Viele der Produkte der Revolutionen in der Biotechnologie und der Pharmakologie, die in verschiedenen Lebensprozessen eine entscheidende Rolle spielen, sind im Grunde genommen chemische Verbindungen, die sowohl für das CWÜ als auch für das BWÜ Relevanz besitzen. Im Falle des CWÜ gibt es einen Wissenschaftlichen Beirat (Scientific Advisory Board, SAB), der die Organisation für das Verbot Chemischer Waffen (OVCW) über S&T Angelegenheiten berät. Dieses Gremium hat seine Bedenken bezüglich der Entwicklung von riot control agents und anderen, sogenannten “nichttödlichen“ chemischen Waffen geäußert. Dennoch, S&T-Angelegenheiten hatten keine bedeutende Stellung im Programm der Ersten Überprüfungskonferenz des CWÜ. Wenn der Missbrauch der Chemie des 21. Jahrhunderts verhindert werden soll, dann darf die Implementierung des CWÜ nicht so weiter geführt werden, als ob das Regime von S&T Entwicklungen losgelöst sei. Ansonsten ist zu erwarten, dass die S&T-Fortschritte in Chemie, Biologie und den Life Sciences im allgemeinen – wie bereits im 20. Jahrhundert geschehen – auch die Entwicklung der Kriegsführung im 21. Jahrhundert beeinflussen werden.
Im Forschungsvorhaben wird eine eingehende, wissenschaftlich basierte Analyse einiger Hauptangriffspunkte (main targets) der Interaktionen im Neuroimmunsystem, die für nicht- friedliche Zwecke missbraucht werden können, durchgeführt und die Konsequenzen der Modulation dieser targets mit biochemischen Bioregulatoren herausgearbeitet. Zusätzlich wird die Rolle von Großforschungsprojekten bei der Lieferung von Informationen, die missbraucht werden können, untersucht. Ferner werden neue Entwicklungen in den Verfahren, die für die zielgerichtete Ausbringung von Bioregulatoren eingesetzt werden können, untersucht und die Machbarkeit ihrer Anwendung zu diesem Zweck analysiert. Schließlich wird der potentielle Einfluss der Entwicklungen in diesen Bereichen von Wissenschaft und Technik auf die CBW-Kontrollregime analysiert. Die Ergebnisse dieser Analysen werden verwendet, um einen allumfassenden Rahmen zu entwerfen, der bereits bestehende Kontrollmaßnahmen mit weiterführenden Regelungsinstrumenten verknüpft. Die Resultate werden als Buch veröffentlicht. Um eine weitere Verbreitung der Projektergebnisse zu erzielen, werden vorläufige Resultate als briefing papers veröffentlicht und im Rahmen der Konferenzen der Staatsparteien des BWÜ und des CWÜ ausgegeben. Zusätzlich werden die Ergebnisse auf die Bradford University Website für die Stärkung des BWÜ und des CWÜ gestellt.
Characteristic of the developments in science and technology over the past three decades is the explosive nature of the accumulation of knowledge concerning the mechanisms and functions of biological systems. The revolution in biotechnology is continuing on into the revolution in pharmacology with the emphasis on drug discovery and drug delivery, in which biochemical bioregulators (organic chemical substances that regulate the function of biological systems) will be gaining more and more significance for biochemical arms control as time progresses. Bioregulators used in a malign way pose a particular threat in that they can be used to disrupt the balanced operation of interacting physiological systems. An example can be found in the interactions of the neuroendocrine and immunological systems, with their vulnerability to compounded modulation. The perturbation of one system with a bioregulator will have profound effects not only on its own function but also on the function of the other system.
In our previous studies we have found evidence of a pronounced change in the perception of the scope and pace of biotechnology developments by the States Parties to the Biological and Toxin Weapons Convention (BWC) over the 20 some odd years that this subject has been under review by the quinquennial BWC Review Conferences. Up to now, however, the full misuse potential of interacting physiological systems and the corresponding need for strengthened arms control has not yet been realized. The interdependence of the reaction pathways of these systems raises the dual use dilemma to a whole new order of complexity. Trying to deal with this complexity in order to exploit the benefits while minimizing the risks is going to be an enormous task in the future. This constellation of factors raises the question as to whether the BWC, which has no treaty organization and does not contain adequate measures for assuring compliance, is running into the danger of being completely overwhelmed by scientific and technological advances in the future in the sense that States will be reluctant to devote appropriate attention to these developments in all their complexity.
The prohibitory norm of the Chemical Weapons Convention (CWC) is also under threat by developments in science and technology. Indeed; many of the products flowing from the revolutions in biotechnology and pharmacology that can impact life processes at various levels are basically chemical compounds. In this regard there is a whole set of substances in the category of bioregulators that have overlapping characteristics of both biological and chemical compounds that would in turn have relevance for both the BWC and the CWC. Negotiators of the CWC have provided for a procedure to review developments in science and technology by creating the Scientific Advisory Board (SAB) to advise the Organization for the Prohibition of Chemical Weapons (OPCW) on science and technology matters. However, the views of the SAB did not play a prominent role on the agenda of the First Review Conference of the CWC.
The research project that we are proposing will provide an in-depth analysis of several main possible targets of interacting physiological systems that may be used malignly for offensive military purposes and the consequences of modulating these targets with biochemical bioregulators. It will also examine the role and the impact of large research programmes in providing information within this context that may be used malignly. It will further investigate pertinent delivery systems that could be used to direct bioregulators to their targets, and analyze the feasibility of their application. Finally, the potential impact of the developments in these areas of science and technology on the CBW control regimes will be analyzed. Suggestions will be offered for minimizing the risks posed by these developments that will help sustain the viability and robustness of the regimes. The results of the project will be published in the form of a book. In order to achieve a wider dissemination of the project findings, intermediate results will be published in briefing papers to be distributed at the Conferences of States Parties to the BWC and the CWC and to be placed on the Bradford University website on strengthening the BWC and the CWC.