Radicalization in Western Societies – Preventing “Home Grown” Terrorism
Universität Tübingen
08. – 09. September 2010
Universität Tübingen
08. – 09. September 2010
Publikationen
(2011) Radikalisierung und Terrorismus im Westen. In: Der Bürger im Staat 61 (4).Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg (Hrsg). Zur Publikation.
Überblick
Nach den Anschlägen auf das New Yorker World Trade Center im September 2001 legten westliche
Regierungen umfangreiche Programme zum Schutz ihrer Gesellschaften vor transnationalen Terrornetzwerken auf. Im Fokus standen insbesondere Al Qaida und ihre Ableger, die mit allen verfügbaren und zulässigen Mitteln bekämpft werden sollten. So diente der NATO-Einsatz in Afghanistan nicht zuletzt der Zerschlagung terroristischer Infrastrukturen. Militante Aktivisten wurden weltweit zu Hunderten verhaftet und verhört. Das Bankwesen und der transnationale Kapitalverkehr wurden stärker kontrolliert. Die Vernetzung von Geheimdiensten und anderen Sicherheitsbehörden wurde ausgebaut und optimiert. Dadurch sollten die Zugangswege für transnationale Terroristen in westliche Gesellschaften versperrt und ihre Handlungsfähigkeit nachhaltig eingeschränkt werden.
Laut Marc Sageman, einem der führenden Terrorismusforscher, war diese Strategie durchaus
erfolgreich. Die operativen Fähigkeiten transnationaler Terrornetzwerke sind heute wesentlich geringer als vor dem 11. September 2001 und die Wahrscheinlichkeit, dass westliche Gesellschaften von außen mit verheerenden terroristischen Anschlägen überzogen werden, ist stark gesunken. Gleichzeitig hat aber das Risiko des so genannten Homegrown Terrorism zugenommen. Die fürchterlichen Attentate in Madrid 2004 und London 2005 waren nicht das Werk von Fremden sondern von Einheimischen, die sich in transnationale Terrornetzwerke mit islamistischer Programmatik eingeklinkt hatten.
Der nicht unproblematische Begriff „Homegrown Terrorism“ bezieht sich also auf Täter, die Anschläge in ihren eigenen Gesellschaften durchführen (wollen), und die grenzüberschreitend motiviert und organisiert sind. Entgegen gängiger Annahmen bieten offenkundig weder weitverbreiteter Wohlstand noch politische Beteiligungsrechte hinreichenden Schutz gegen diese Art von Terrorismus. Westliche Gesellschaften müssen deshalb angemessene und zulässige Mittel und Wege finden, um die terroristische Radikalisierung von Einheimischen zu verstehen und verhindern. Die Wissenschaft kann hierzu einen wichtigen Beitrag leisten. Bislang fehlt es aber an geeigneten Foren für den internationalen Austausch. Um erste Abhilfe zu schaffen, hat der Arbeitsbereich „Friedens- und Konfliktforschung“ der Tübinger Eberhard-Karls-Universität Sicherheitsexperten und Wissenschaftler vom 8.-9. September 2010 zur internationalen Konferenz “Radicalization in Western Societies – Preventing ‘Homegrown’ Terrorism“ eingeladen.
Auf der Konferenz diskutierten Fachvertreterinnen aus Politikwissenschaft, Religionswissenschaft,
Kulturwissenschaft, Kriminologie, Soziologie, Philosophie und Psychologie mit Journalisten,
Sicherheitsexperten und Regierungsvertretern. Referenten und Teilnehmerinnen kamen aus Großbritannien, den USA, Kanada, Australien, den Niederlanden, Schweden, Dänemark, Österreich und Deutschland. Die Konferenz umfasste neben internen Workshops öffentliche Vorträge und Podiumsdiskussionen.
Obwohl die Diskussionen alle in englischer Sprache geführt wurden und zudem Semesterferien
waren, war das Interesse an der Tagung groß.