Publikationen
Chojnacki, Sven; Engels, Bettina (2015): Umweltwandel, Ernährungskrisen und Konflikt. Räumliche, soziale und politische Dynamiken. Forschung DSF No. 38. Osnabrück: Deutsche Stiftung Friedensforschung. Zur Publikation.
Dietz, Kristina; Engels, Bettina (2014): Immer (mehr) Ärger wegen der Natur? – Für eine gesellschafts- und konflikttheoretische Analyse von Konflikten um Natur. In: Österreichische Zeitschrift für Politikwissenschaft, 43 (1), S. 73-90. Zur Publikation. https://search.proquest.com/openview/7e235a7157c2e7795878c6ed4d5e136a/1?pq-origsite=gscholar&cbl=1766344.
Engels, Bettina (2014): Städtische Proteste gegen hohe Lebenshaltungskosten in Burkina Faso. In: Gersting, Norbert; Ruhne, Renate; Wehrheim, Jan (Hg.): Stadt und soziale Bewegungen. Wiesbaden: VS, 145-160. Zur Publikation.
Chojnacki, Sven; Engels, Bettina (2013): Material determinism and beyond: Spatial categories in the study of violent conflict. Berlin: SFB-Governance Working Paper Series (55). Zur Publikation.
Engels, Bettina (2013): Gegen das teure Leben: Afrika steht auf. In: Blätter für deutsche und internationale Politik, 5/2013 , 37-40. Zur Publikation.
Engels, Bettina (2013): Brotrevolten in Afrika. In: Hirsbrunner, Stefanie; Walther, Christian (Hg.): Afrika: Radikal neu denken? Frankfurt am Main u.a.: Peter Lang. Zur Publikation.
Bettina Engels (2013): „Wenn Du den Esel nicht schlägst…“ – Hungeraufstände und gewerkschaftlicher Protest gegen hohe Lebenshaltungskosten in Burkina Faso, in: PERIPHERIE 33: 129, 39-57. Zur Publikation.
Bettina Engels (2013): Hungeraufstände und Kämpfe gegen hohe Preise. In: Prokla, 43: 170, 5-22. Zur Publikation.
Engels, Bettina; Chojnacki, Sven (2012): Landnutzungswandel und Konflikte, in: Debiel, Tobias/Roth, Michèle/Ulbert, Cornelia (Hrsg.), Globale Trends 2013. Frankfurt am Main, 307-312. Zur Publikation.
Gebre, Yntiso (2012): Environmental Change, Food Crises and Violence in Dassanech, Southern Ethiopia. Research Report Peace and Conflict Studies No. 1. Berlin: Freie Universität Berlin, Research Unit Peace and Conflict Studies Zur Publikation.
Kirst, Sarah; Bettina Engels (2012): Knappe Ressourcen und ihre soziale Vermittlung: Konflikte um Land im Südwesten Burkina Fasos. Research Report Peace and Conflict Studies No. 2. Berlin: Freie Universität Berlin, Research Unit Peace and Conflict Studies. Zur Publikation.
Engels, Bettina; Chojnacki, Sven (2012): Raus aus der Klimafalle! Wie die Friedens- und Konfliktforschung mit ökologischem Wandel umgehen kann. In: Die Friedens-Warte, 87: 1, 89-110. Zur Publikation.
Engels, Bettina; Dietz, Kristina (2011): Land Grabbing analysieren: Ansatzpunkte für eine politisch-ökologische Perspektive am Beispiel Äthiopiens. In: PERIPHERIE, 31: 124, 399-420. Zur Publikation.
Zusammenfassung
Das Projekt untersucht:
a) welche Beziehung zwischen umweltinduzierten Ernährungskrisen und kollektiver Gewaltanwendung in Afrika südlich der Sahara besteht,
b) welche Formen des (gewaltsamen) Konfliktaustrags auftreten und
c) ob sich typische Pfade der Konflikteskalation in ländlichen und städtischen Räumen der Sahelzone identifizieren lassen.
Das Projekt fragt damit danach, ob ein Zusammenhang zwischen Klimawandel, Ernährungskrisen und kollektiver Gewaltanwendung besteht und über welchen Vermittlungsprozess (u.a. politische und soziale Faktoren, geographische Bedingen, Art der Verteilungskonflikte) gesellschaftliche Konflikte eskalieren.
Ausgangspunkt sind einerseits zunehmend alarmierende Szenarien in Teilen der Politik und Umweltforschung über die Auswirkungen des globalen Klimawandels auf regionale und lokale Konfliktkonstellationen (Verteilungskonflikte), andererseits Kausalmodelle, die quasi-deterministische Pfade zur Wahrscheinlichkeit der Entstehung umweltinduzierter Gewaltkonflikte annehmen. So identifiziert etwa der Wissenschaftliche Beirat der Bundesregierung Globale Umweltfragen (WBGU) einen vereinfachten Kausalzusammenhang von ökologischem Wandel zu Konflikt und Gewalt, welcher in zahlreichen afrikanischen Staaten insbesondere in der Sahelzone wirksam sein soll. Umweltveränderungen führen demzufolge zur Verknappung und qualitativen Verschlechterung von Wasserressourcen, Agrar- und Weideland und damit zu Rückgängen in der Nahrungsmittelproduktion. Diese resultieren unter bestimmten Bedingungen in Ernährungskrisen, infolge derer Destabilisierung, Konflikt und Gewalt drohen.
Dem Modell des WBGU gelingt es damit zwar, eine zentrale Wirkungskette von Konflikten infolge klimawandelbedingter Ernährungskrisen zu erfassen und ein komplexes Bedingungsgefüge ökologischer, ökonomischer sowie politischer Faktoren zu integrieren. Jedoch lässt das Modell zwei entscheidende Lücken offen. Erstens beschränkt sich die Konzeption politischer Faktoren auf Regierungshandeln, die formal-institutionelle Ebene des politischen Systems sowie die Einbindung in inter- und suprastaatliche Organisationen – und wird damit den sozial-räumlichen Bedingungen der Sahelzone nur bedingt gerecht. Zweitens ist der Pfad von der Destabilisierung und Konflikt hin zu Gewalt prozesstheoretisch extrem unterspezifiziert.
Ziel des Forschungsprojekts ist daher die Analyse des zentralen Schritts (bzw. der Lücken) in der vom WBGU beschriebenen Kausalkette von Klimawandel über Produktionsrückgang, Ernährungskrise und Konflikt hin zu Gewalt. Das Projekt fragt danach, warum und unter welchen Bedingungen Konflikte infolge von umweltinduzierten Ernährungskrisen gewaltsam verlaufen. Es trägt damit dazu bei, drei zentrale Lücken in der Forschung über Umweltveränderungen und Gewaltkonflikte zu schließen. Diese bestehen
a) in der bislang unzureichend beantworteten Frage nach der konkreten Gestalt und Wirkungsweise der sozialen und politischen Vermittlung ökologischer Faktoren im Übergang zur Gewaltanwendung;
b) in weak-link-Designs (und damit zum Teil unzulässigen Schlussfolgerungen) der bisherigen Forschung, die von der systemischen und/oder staatlichen Ebene auf lokales/transnationales Konfliktverhalten schließt, sowie
c) im Fehlen von Arbeiten, die analytisch unterhalb der staatlichen Ebene ansetzen.
Die übergeordnete Fragestellung des Projekts wird dazu in zwei Forschungsziele übersetzt:
(1) Das Projekt identifiziert idealtypisch unterschiedliche Formen von aus Ernährungskrisen folgenden Gewaltkonflikten. Auf welchen Ebenen und in welchen Räumen eskalieren Konflikte zur Gewalt (oder auch nicht)? Welche Akteure sind beteiligt? Wer sind Ziele und AdressatInnen von Gewalt?
(2) Das Projekt spezifiziert die sozialen und politischen Einflussfaktoren sowie die Prozessdynamiken, die jenseits von nationalstaatlicher Regierung, politischem System sowie inter- und suprastaatlicher Einbindung dazu führen, dass Konflikte infolge von Ernährungskrisen zu Gewaltkonflikten eskalieren bzw. mit Gewalt ausgetragen werden. Welche lokalen (sozialen, politischen, ökonomischen, geographischen) Bedingungen wirken gewaltverschärfend oder deeskalierend? Welche Formen und Institutionen der Konfliktregelung bestehen und wie werden diese zur Eskalation oder Deeskalation von Gewalt genutzt bzw. instrumentalisiert?
Um diese Forschungsziele zu erreichen, geht das Projekt in vier Schritten vor. Im ersten Arbeitsschritt wird auf der Grundlage theoretischer Überlegungen ein konzeptioneller Rahmen zur Analyse von Konflikten infolge von Ernährungskrisen sowie der Bedingungen ihres gewaltsamen Austrags entwickelt. Daraus werden die Kategorien für die empirische Analyse abgeleitet. Daran anschließend erfolgt im zweiten Arbeitsschritt ein Mapping gewaltsamer Konflikte und staatlicher wie nichtstaatlicher Gewaltakteure unterhalb der Kriegsschwelle in den städtischen und ländlichen Räumen von Niger und Äthiopien im Zeitraum 1980-2009.
Der dritte Arbeitsschritt dient der fokussierten empirischen Analyse der Verlaufsformen und Bedingungen untersuchungsrelevanter Konflikte. Methodisch erfolgt dies einerseits über die Erhebung von nachrichtenbasierten Ereignisdaten und geographisch spezifizierten Informationen über klimatische, politische, ökonomische und soziale Bedingungen, andererseits über die Erhebung eigener Daten in Form von Leitfaden gestützten Interviews mit ExpertInnen sowie der Betroffenen und Beteiligten der jeweiligen Konflikte. Im vierten Schritt werden die Ergebnisse der fallbasierten Analysen substaatlicher/lokaler Konfliktlinien zusammengeführt, theoretische Rückschlüsse gezogen und darauf aufbauend empirisch begründete Aussagen formuliert. Der letzte Arbeitsschritt zielt auf den Transfer der gewonnenen Erkenntnisse in die wissenschaftliche und politisch-anwendungsbezogene Debatte.
Ergebnis des Projekts werden verfeinerte, prozesstheoretisch unterfütterte Aussagen über die Bedingungen, Wirkungszusammenhänge und Verlaufsformen gewaltsam ausgetragener Konflikte infolge umweltinduzierter Ernährungskrisen sein. Das Vorhaben trägt damit sowohl zur Theorieentwicklung im Bereich der Forschung über die Zusammenhänge von Umweltveränderungen und Gewaltkonflikten als auch zur Spezifizierung und Ausdifferenzierung von Pfaden und Formen umweltinduzierter Konflikte unterhalb der nationalstaatlichen Ebene bei.