Publikationen
Holzinger, Katharina; Kern,Florian; Kromrey, Daniela (2017): Traditional Institutions in sub-Saharan Africa: Endangering or Promoting Stable Domestic Peace? Forschung DSF No. 42. Osnabrück: Deutsche Stiftung Friedensforschung. Zur Publikation.
Holzinger, Katharina; Kern,Florian; Kromrey, Daniela (2013): “Database of the Constitutions of Sub-Saharan Africa (DCSSA)”. Database
Kern, Florian; Vossiek Janis (2015): Get Organised: the ‘Do’s’ Preceding Successful Field Research. In: European Political Science 14 (2), S. 137-148. DOI: 10.1057/eps.2014.45.
Kern, Florian (2018): The Trials and Tribulations of Triangulation. Weighing Different Data Sources in the Analysis of Political Preferences. In: Journal of Mixed Methods Research, 12 (2), 166-181. Zur Publikation.
Zusammenfassung
Viele afrikanische Länder sind noch immer durch anhaltende Instabilität, ausgeprägte Demokratiedefizite und wirtschaftliche Ineffizienz geprägt. In verschiedenen, wissenschaftlichen Ursachen- und Lösungsmodellen wird die Rolle traditioneller, politischer Institutionen dabei kaum beachtet. Die Bedeutung traditioneller Institutionen ist jedoch seit den 1990er Jahren, zeitgleich mit der Anzahl innerstaatlicher Konflikte, zunehmend gestiegen, wie die Studien des Afrobarometers und traditionelle Konfliktlösungsansätze in den Gacaca-Gerichten in Ruanda und in der südafrikanischen Wahrheits- und Versöhnungskommission beispielhaft aufzeigen. Ziel des Forschungsprojekts ist es, systematische und umfassende Erkenntnisse über die Auswirkungen traditioneller, politischer Institutionen auf den inneren Frieden in den Ländern Sub-Sahara Afrika zu liefern.
Es sind grundsätzlich zwei Kausalpfade denkbar: sowohl eine befriedende als auch eine Konflikt generierende Wirkung traditionaler Institutionen ist möglich. Zentral für die Untersuchung ist dabei die systemische Verschiedenheit der staatlichen und der traditionellen Systemebenen voneinander, als auch deren formalrechtliche und informelle Interaktion. Führt die Koexistenz von tendenziell hierarchisch organisierten, traditionalen Subsystemen innerhalb eines demokratischen Staates zu Spannungen, die sich auch gewalttätig entladen können? Begünstigt eine formale Integration von traditionellen, politischen Institutionen eine friedvolle Gesellschaft? Oder ergeben sich durch die formale Interaktion konkurrierende Kompetenzbereiche?
Zur Beantwortung der Fragestellung wird eine qualitative, vergleichende Feldstudie durchgeführt. Die vier ausgewählten Fallbeispiele Nigeria, Namibia, Tansania und Uganda unterscheiden sich nicht nur bezüglich der abhängigen Variable des inneren Friedens, sondern zeigen zudem verschiedene formalrechtliche Integrationsmuster der inhärenten traditionalen Institutionen auf. So sind nur in Uganda und Namibia traditionelle Institutionen verfassungsrechtlich verankert. Dem Staatssystem ähnliche traditionelle Systeme finden sich nur in Tansania und Uganda wieder, während in Nigeria und Namibia eine größere strukturelle Differenz besteht. Die Fallauswahl strebt gezielt die Abdeckung einer größtmöglichen Divergenz der beeinflussenden Faktoren an und wird dadurch auch dem explorativen Charakter des Forschungsprojektes gerecht.
In jedem der vier Länderwerden wir in einem ersten Schritt die verfassungs- und verwaltungsrechtliche Verankerung traditioneller politischer Institutionen erfassen. Danach sollen die staatlichen und traditionellen Systeme durch die Generierung einer gemeinsamen Typologie vergleichbar gemacht werden. Drittens soll das tatsächliche Ausmaß der Relevanz und des Einflusses traditioneller Akteure vor allem auf der lokalen Ebene evaluiert und erklärt werden. Diese Vorarbeiten werden in einem letzten Schritt dazu dienen, die Interaktionsmodi (Konkurrenz, Kooptierung und Kooperation) zwischen den staatlichen und traditionellen Institutionen zu analysieren und auf deren Konflikt auslösenden oder hemmenden Wirkungen zu schließen.
Diese umfassende Analyse der Kausalmechanismen zwischen traditionellen und staatlichen Systemen und der resultierenden Effekte auf die Stabilität und Gestalt des inneren Friedens ist angesichts der hohen Konfliktneigung afrikanischer Ländern von hoher praktisch-politischer Bedeutung. Die Ergebnisse des Projektes versprechen daher, einen neuartigen Erklärungsbeitrag zu den Problemen sub-Sahara Afrikas zu leisten.