Publikationen
Boege, Volker; Rinck, Patricia; Debiel, Tobias (2017): Local-International Relations and the Recaliberation of Peacebuilding Interventions. Insights from the ‘Laboratory’ of Bougainville and Beyond. INEF-Report 112/2017. Zur Publikation.
Boege, Volker; Rinck, Patricia (2019): The Local/International Interface in Peacebuilding: Experiences from Bougainville and Sierra Leone. In: International Peacekeeping, 26 (2), 216-239. Zur Publikation.
Boege, Volker (2019): The rambutan, the chopper and the broken spear: peacebuilding on Bougainville as a cross-cultural exchange. In: Peacebuilding, 7 (1), 1-19. Zur Publikation.
Zusammenfassung
Das Projekt thematisiert die Beziehungen und Interaktionen internationaler und lokaler Akteure in Prozessen der Friedenskonsolidierung (Peacebuilding). Es analysiert, wie sich Wahrnehmungen, Erwartungen, Einstellungen und Verhaltensweisen an der Schnittstelle von lokaler und internationaler Ebene verändern. Dabei gilt das Hauptaugenmerk dem Wandel der Akteurs-Beziehungen und der Art, wie Friedensprozesse gerahmt werden. Diese Fragestellung wird vorrangig anhand einer Fallstudie zu Bougainville (Papua-Neuguinea) untersucht. Ergänzend erkundet eine Studie, ob sich der Ansatz auf andere Fälle des Peacebuilding in kleinen Staaten bzw. De-facto-Staaten übertragen lässt, so etwa auf Somaliland, Sierra Leone und Timor Leste.
Der Friedensprozess auf Bougainville gilt als Erfolgsgeschichte. Er erfuhr internationale Unterstützung durch eine regionale, zivil-militärische Friedenstruppe und eine kleine UN-Mission. Nach der Stabilisierung der Sicherheitslage halfen internationale NGOs, Entwicklungsorganisationen und UN-Agenturen bei Wiederaufbau und Friedenskonsolidierung.
Aufgrund seiner Insellage und seiner geringen Größe kann Bougainville als eine Art ‚Laboratorium‘ für Peacebuilding betrachtet werden. Internationale und lokale Akteure und Institutionen treten recht unmittelbar zueinander in Beziehung, insofern die Zentralregierung kaum präsent ist und die staatlichen Institutionen Papua-Neuguineas relativ schwach sind. Gleichzeitig ist ein breites Spektrum internationaler und lokaler Akteure engagiert, zu denen gute Feldzugänge bestehen.
Im Zentrum der Fallstudie stehen narrative, problemorientierte Interviews. Sie spüren die unterschiedlichen Verständnisse von Frieden und Peacebuilding auf und erkunden, wie diese in spezifische Epistemologien und Weltsichten eingebettet sind. Dabei soll auch erfasst werden, wie die Akteure die jeweils ‚andere Seite‘ wahrnehmen und die Beziehungen zu und Interaktionen mit den ‚Anderen‘ interpretieren und bewerten. In einer zweiten Forschungsphase konfrontieren wir die internationalen Akteure mit den Narrativen der lokalen Akteure, und umgekehrt die lokalen mit jenen der internationalen Akteure. Dies macht es beiden Seiten möglich, sich mit den Wahrnehmungen, Deutungen und Wertungen des Gegenübers bzw. der Gegenüber auseinanderzusetzen. Auf der Basis dieses Austausches rekonstruieren wir unterschiedliche Verständnisse von Friedenskonsolidierung. Zugleich wollen wir die Akteure anhalten, über Stärken und Schwächen des Prozesses und ihrer Beziehungen nachzudenken. Die Studie zu Fällen wie Somaliland, Sierra Leone und Timor Leste soll herausfinden, ob sich hier ähnliche Prozesse wie in Bougainville identifizieren lassen. Sie stützt sich auf die einschlägige Literatur sowie Experteninterviews.
Das Projekt verortet sich in Diskursen, die sich mit dem ‚liberalen Frieden‘, seiner Kritik und der Erkundung post-liberaler Alternativen befassen. Wir konzeptualisieren Peacebuilding in diesem Kontext als relational und interaktiv und folglich als Feld politischer Auseinandersetzungen. Das Projekt ist eingebettet in aktuelle Forschungen zu Relationalität, Komplexität und Hybridität; zugleich treibt es diese Forschung für das Feld des Peacebuilding voran, indem es den ‚local turn‘ konkretisiert und das Verhältnis zwischen ‚Internationalem‘ und ‚Lokalem‘ differenziert. Das ‚Lokale‘ erscheint dabei als umstrittenes Feld, auf dem unterschiedliche lokale und internationale Diskurse und Praktiken koexistieren, ineinander greifen und sich überlagern, was die Hybridisierung von Peacebuilding zur Folge hat. Auf Basis unserer Untersuchungen werden wir versuchen, praxisorientierte Vorschläge zu unterbreiten, wie in innovativer Weise über Veränderungen des Peacebuilding reflektiert werden kann und sich Dialoge und Prozesse wechselseitigen Lernens initiieren lassen.