„Ein Kompass in unruhigen Zeiten“ – Der Deutsche Bundestag debattiert über die Stärkung der DSF und der Friedens- und Konfliktforschung

Auf Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN „Ein Kompass in unruhigen Zeiten – Friedensforschung als Grundlage der Politik stärken“ befassten sich die Mitglieder des Deutschen Bundestages am 13. Februar 2020 mit der Frage, wie die Deutsche Stiftung Friedensforschung (DSF) sowie die Friedens- und Konfliktforschung in Deutschland eine größere finanzielle Unterstützung erhalten können. (Drucksache 19/14111). Grundlage für den Antrag war die Evaluation der Stiftung und des Forschungsfeldes durch den Wissenschaftsrat. Dieser stellte nicht nur der DSF ein positives Zeugnis aus, sondern hob auch die erfolgreiche Fortentwicklung der Friedens- und Konfliktforschung hervor. In seinen Empfehlungen an Bund und Länder sprach sich der Wissenschaftsrat nachdrücklich dafür aus, die Stiftung durch eine Aufstockung des Stiftungskapitals finanziell deutlich besser auszustatten. Zugleich soll der Bund mit gezielten Fördermaßnahmen dazu beitragen, dass die Potenziale des Forschungsfeldes für Forschung und Wissenstransfer künftig optimaler ausgeschöpft werden können.

Der forschungspolitische Sprecher der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Kai Gehring, begründete den Antrag mit der Vielzahl der aktuellen politischen Herausforderungen, angefangen von der Erosion des Multilateralismus, über die Risiken des Klimawandels und von autonomen Waffensystemen für den Frieden bis hin zu Extremismus und Radikalisierung. Zu all diesen Themenfeldern könne die Friedens- und Konfliktforschung grundlegende Erkenntnisse beisteuern, die die Politik für einen „klaren Kompass“ dringend benötige. Der Wissenschaftsrat habe festgestellt, dass hierzu Forschung auf „Spitzenniveau“ betrieben werde, die Rahmenbedingungen für Forschung und Wissenstransfer aber deutlich verbessert werden müssten. Die Empfehlungen des Wissenschaftsrates sollten deshalb im eigenen Interesse ernst genommen werden.

Dr. Michael Meister (CDU), Parlamentarischer Staatssekretär bei der Bundesministerin für Bildung und Forschung, sprach von einem „Glücksfall“ für den Standort Deutschland, dass es eine solch „exzellente Friedens- und Konfliktforschung“ gebe. Mit dem Ergebnis der Wissenschaftsratsevaluation könne man „sehr zufrieden sein“, es gehe nun aber auch um die Umsetzung der Empfehlungen, damit die Potenziale des Forschungsfeldes noch besser ausgeschöpft werden. Die Bundesregierung habe hierzu erste Initiativen ergriffen. Sie arbeite derzeit an der Veröffentlichung eines gezielten Förderprogramms zur überregionalen, internationalen und interdisziplinären Vernetzung, für das 30 Millionen Euro vorgesehen seien. Des Weiteren soll die Tätigkeit der DSF zum einen mit Projektmitteln aus dem BMBF, zum anderen mit Zustiftungen aus dem Etat des Auswärtigen Amtes gestützt werden. „Das zeigt“, so Meister, „dass wir die Deutsche Stiftung Friedensforschung zukunftsfähig und nachhaltig aufstellen wollen.“ Mit diesen Maßnahmen wolle die Bundesregierung einen sichtbaren Beitrag leisten, das Konfliktgeschehen wissenschaftlich zu erforschen, um die Beratungsleistungen dann für die eigene Arbeit aufzunehmen.

In den weiteren Redebeiträgen signalisierten mit Ausnahme der AFD alle im Bundestag vertretenen Fraktionen Unterstützung für eine nachhaltige Stärkung der DSF und der Friedens- und Konfliktforschung. Dr. Michael Espendiller (AfD) gestand zwar ein, dass die DSF „einige durchaus interessante Projekte“ fördere, suchte dann aber die Friedens- und Konfliktforschung als unwissenschaftlich und regierungstreu zu diskreditieren. Dr. Karamba Diaby (SPD) erinnerte an die jüngsten Berichte über die hohe Zahl an Kindern weltweit, die in Konfliktgebieten aufwachsen. Die Friedensforschung befasse sich mit all diesen Fragen und habe deshalb für die Politik eine besondere Relevanz. „Die Antworten, die die Friedens- und Konfliktforschung auf diese Fragen gibt, sind nicht nur Prosa, sondern sie sind letztendlich dazu da, Menschenleben zu retten“. Diaby begrüßte die angekündigte finanzielle Unterstützung für die DSF. Auch Dr. h. c. Thomas Sattelberger (FDP) unterstützte nachdrücklich eine bessere finanzielle Ausstattung für die DSF. Die Arbeit der Stiftung sei „elementar wichtig“, ihre Stärkung längst „überfällig“. Mit Bezug auf die Empfehlungen des Wissenschaftsrats mahnte er zugleich einen verstärkten Wissenstransfer, nicht zuletzt in den Deutschen Bundestag, an. Nicole Gohlke (DIE LINKE) beklagte die langjährige Untätigkeit der Bundesregierung, die den vom Wissenschaftsrat benannten Handlungsbedarf nicht erkannt habe. Das seit Gründung kaum erhöhte Stiftungskapital der DSF sei ein besonders augenfälliges Beispiel. Sie sorge sich zudem um den fehlenden wissenschaftlichen Nachwuchs, der durch gezielte, auch längerfristige Fördermaßnahmen klare berufliche Perspektiven erhalten müsse.

Der Abgeordnete Norbert Maria Altenkamp (CDU/CSU) verweist auf das Friedensgutachten 2019 und dessen Warnung vor einer Zunahme von Gewaltkonflikten, die auch auf die eigene Gesellschaft zurückwirkten. In Fragen der Konfliktanalyse, Gewaltprävention und Friedenssicherung sei die Friedens- und Konfliktforschung „zu einem wichtigen Ratgeber“ für die Politik geworden. Die vorgeschlagene Förderung des Forschungsfeldes stoße bei seiner Fraktion auf „offene Türen“. Die zusätzlichen Mittel aus den Haushalten des BMBF und des AA für die DSF seien ein wichtiger erster Schritt. „Wenn darüber hinaus weitere Mittel im Rahmen der Projektförderung notwendig sind, damit die DSF ihre wichtige Arbeit dauerhaft und ohne Einschränkungen fortsetzen kann, werden wir das in den nächsten Haushaltsplanberatungen berücksichtigen.“ Darüber hinaus gelte es weitere Empfehlungen des Wissenschaftsrates zu berücksichtigen, beispielsweise die Förderung von vernetzter Forschung und die Stärkung der natur- und technikwissenschaftlichen Friedensforschung.

Dr. Daniela De Ridder (SPD) beschloss die Debatte mit dem Hinweis auf die positive Leistungsbilanz der DSF, die auch den Wissenstransfer in Politik und Öffentlichkeit einschließe. Künftig könnten die heute schon vielfältigen Portfolios der DSF und des Forschungsfeldes noch um das Thema Science Diplomacy erweitert werden.

Alle Redebeiträge, sowie den Verlauf der Debatte vom 13.02.2020 kann im Plenarprotokoll 19/146 nachgelesen werden. Die Evaluation des Wissenschaftsrates mit den Empfehlungen für die DSF bereits hier zusammengefasst.