Flucht ohne Ende: Wege einer neuen Flüchtlingspolitik“ war das Thema eines Parlamentarischen Abends, den die Stiftung am 22. März 2017 gemeinsam mit dem Bonn International Centre for Conflict Studies (BICC) und dem Institut für Migrationsforschung und Interkulturelle Studien (IMIS) der Universität Osnabrück ausrichtete. Den thematischen Rahmen für die Veranstaltung in den Räumlichkeiten der Deutschen Parlamentarischen Gesellschaft in Berlin bildete das durch das BMBF geförderte Verbundprojekt „Flucht: Forschung und Transfer , mit dem erstmalig der Stand der wissenschaftlichen Forschung in Deutschland zu Fragen von Flucht, Migration und Integration systematisch erhoben und für die Vermittlung in die politische Praxis aufbereitet wird.
Eröffnet wurde der Abend durch Stefan Müller, Parlamentarischer Staatssekretär bei der Bundesministerin für Bildung und Forschung, der die Schirmherrschaft über die Veranstaltung übernommen hatte. Prof. Dr. Ulrich Schneckener, Vorsitzender des Vorstands der DSF, machte deutlich, in welch großem Umfang Gewaltkonflikte ursächlich für die Dynamik der gegenwärtigen Fluchtbewegungen sind. Somit bestünde eine große inhaltliche Schnittmenge der Friedens- und Konfliktforschung mit der Migrations- und Integrationsforschung, wenn es darum gehe, die mit dem Thema Flucht verbundenen Themenkomplexe wissenschaftlich zu bearbeiten.
Zur Einführung in das Thema stellte Verena Schulze Palstring (IMIS) die Grundzüge des Verbundprojektes vor. Sie machte deutlich, dass es nicht nur darum gehe, den forschungspolitischen Handlungsbedarf zu ermitteln, sondern die Erkenntnisse aus dem Projekt unmittelbar für die Wissenschaft und die politische Praxis nutzbar zu machen. Hierbei verwies sie sowohl auf die internetgestützte Datenbank zur Forschungslandschaft als auch auf erste Transferveranstaltungen, wie die Arbeitstagung mit Teilnehmern und Teilnehmerinnen aus Kommunen und Zivilgesellschaft sowie auf die Vorstellung des Projektes im Ausschuss für Bildung und Forschung im Januar 2017.
Es folgten zwei thematische Impulse, die auf zentrale Herausforderungen der gegenwärtigen und künftigen Flüchtlingspolitik aufmerksam machten. Dr. Benjamin Etzold (BICC) widmete sich insbesondere den anhaltenden Fluchtsituationen, die Menschen in großer Zahl über lange Zeiträume in unsichere, mitunter bedrohliche Lebensumstände brächten. Eine Rückkehr in die Herkunftsregion sei aufgrund der Konfliktlage kaum möglich, eine Fortsetzung der Flucht in andere Aufnahmeländer werde meist verwehrt. Die Lebensbedingungen in den Flüchtlingslagern seien durch eine fehlende Infrastruktur für Bildung und Arbeit und damit von einer großen Perspektivlosigkeit gekennzeichnet. Hier gelte es nicht nur aus humanitären, sondern auch aus konfliktpräventiven Gründen über alternative Handlungskonzepte, z. B. über Umsiedlungsprogramme und andere legale Zuwanderungsmöglichkeiten in sichere Drittstaaten, nachzudenken.
Das offensichtliche Scheitern von Regimen der internationalen Flüchtlingspolitik bildete den Ausgangspunkt für den Impulsbeitrag von Dr. Olaf Kleist (IMIS). Die Bemühungen, die Flüchtlingspolitik umzusteuern, hätten in Europa bislang zu keiner nachhaltigen Lösung geführt. Vielmehr seien teilweise widersprüchliche Trends zu beobachten, um die Fluchtbewegungen auf staatlicher Ebene kontrollieren und steuern zu können. Es bestehe die große Gefahr, dass Flüchtlingsrechte immer stärker ausgehebelt würden, nicht zuletzt auch durch die finanziell unterstützte Auslagerung der Aufnahme von Schutzsuchenden in vermeintlich sichere Drittstaaten. Gleichzeitig verfüge insbesondere Deutschland über eine jahrzehntelange Erfahrung bei der Aufnahme und Integration geflüchteter und zugewanderter Menschen, was sich nicht zuletzt auch in großem zivilgesellschaftlichem Engagement niederschlage. Insofern eröffneten sich trotz aller Risiken auch Chancen für neue politische Ansätze einer an humanitären und demokratischen Werten orientierten Flüchtlingspolitik. Das Verbundprojekt „Flucht: Forschung und Transfer“ werde zu dieser Debatte wissenschaftlich fundierte Erkenntnisse beisteuern.