Legitime Gewaltoligopole in Postkonfliktgesellschaften unter besonderer Berücksichtigung von Liberia und Sierra Leone
Forschungseinrichtung: Institut für Afrika-Studien
Projektleiter: Dr. Andreas Mehler
Laufzeit: August 2005 – September 2007
Forschungseinrichtung: Institut für Afrika-Studien
Projektleiter: Dr. Andreas Mehler
Laufzeit: August 2005 – September 2007
Smith-Höhn, Judy; Mehler, Andreas; Lambach, Daniel (2010): Legitimate Oligopolies of Violence in Post-Conflict Societies with particular Focus on Liberia and Sierra Leone. Forschung DSF No. 23. Osnabrück: Deutsche Stiftung Friedensforschung. Zur Publikation.
Smith-Höhn, Judy (2010): Challenges to Rebuilding the Security Sector in Post-Conflict Societies: Perceptions from Urban Liberia and Sierra Leone. (Ph.D Dissertation, University of Leipzig, 2009) DCAF/Lit Verlag, Berlin u.a. Zur Publikation.
Smith-Höhn, Judy (2010): Transformation through Participation: Public Perceptions in Liberia and Sierra Leone. In: Security Sector Transformation in Afrika. Hrsg. Von Alan Dryden und Funmi Olonisakin. DCAF Yearbook. Zur Publikation.
Mehler, Andreas (2009): The Production of Insecurity by African Security Forces: Insights from Liberia and the Central African Republic. GIGA Working Papers 114. Hamburg: GIGA. Zur Publikation.
Mehler, Andreas (2009): Hybrid Expectations on Security Provisions “From Below”. In: Martina Fischer und Beatrix Schmelzle: Building Peace in the Absence of States: Challenging the Discourse on State Failure. Berlin: Berghof Research Center for Constructive Conflict Management, 57-66. Zur Publikation.
Mehler, Andreas (2008): Mehr Analyse, mehr Mut zu Kooperation: Peacekeeper, Staatliche und nichtstaatliche Gewaltakteure in Afrika. In: Die Friedenswarte 83 (1), 45-69. Zur Publikation.
Lambach, Daniel (2007): Oligopolies of Violence in Post-Conflict Societies. GIGA Workin Paper Nr. 62 (2), Hamburg. Zur Publikation.
Lambach, Daniel (2007): Sicherheitsmärkte in Postkonfliktgesellschaften: Implikationen für Interventionen. GIGA Focus Global 7, Hamburg. Zur Publikation.
Basedau, Matthias; Mehler, Andreas; Smith-Höhn, Judy (2007): Public Perceptions of Security in Post-conflict Urban Liberia and Sierra Leone. Part I: Liberia – Caught between International, State and Non-State Actors, in: Journal of Peacebuilding and Development, 3 (2), 84-89.Zur Publikation.
Lambach, Daniel (2007): Liberia. In: Bellamy, Paul / deRouen, Karl (Hg.): International Security and the United States: An encydlopedia, Vol 1. Westport: Praeger Security International, 439-451. Zur Publikation.
Lambach, Daniel (2007): Close Encounters in the Third Dimension: The Regional Effects of State Failure. In: Debiel, Tobias / Lambach, Daniel (Hrsg.): State Failure Revisited I: Globalization of Security and Neighborhood Effects, INEF-Report 87, Duisburg, 32-52. Zur Publikation.
Mehler, Andreas; Smith-Höhn, Judy : The Interaction of International, State and Non-State Security Actors in Liberia und Sierra Leone: Roles and Perceptions. In: Debiel, Tobias / Lambach, Daniel (Hg.): State Failure Revisited II: Actors of Violence and Alternative Forms of Governance, INEF- Report, Duisburg, 50-66. Zur Publikation.
Smith-Höhn, Judy (2007): Public Perceptions of Security in Post-conflict Urban Liberia and Sierra Leone. Part II: The Aftermath of Withdrawal in Sierra Leone. In: Journal of Peacebuilding and Development, 3 (2), 90-96. Zur Publikation.
Mehler, Andreas; Bauer, Stephanie (2006): Les oligopoles de la violence en Afrique de l’Ouest. In: Politique Etrangère 3, 557-568. Zur Publikation.
Mehler, Andreas; Smith-Höhn, Judy (2006): Liberia: Ellen in Wonderland? GIGA Focus Afrika, Nr. 5, Hamburg: GIGA. Zur Publikation.
Smith-Höhn, Judy (2006): Transforming Liberia and Sierra Leone: A Paradox of External Intervention. In: Dauderstädt, Michael/Schildberg, Arne (Hg.): Dead Ends of Transition. Rentier Economies and Protectorates. Campus: Frankfurt/New York, 185-196. Zur Publikation.
Mehler, Andreas (2005): “Gewaltoligopole” und “Sicherheit als kollektives Gut” – Konzeptionelle Überlegungen (mit Illustrationen aus Westafrika). In: Basedau, Matthias/Mattes, Hanspeter/Oettler, Anika (Hg.): Multiple Unsicherheit. Befunde aus Asien, Nahost, Afrika und Lateinamerika, Hamburg: DÜI, 193-208. Zur Publikationsseite.
In unmittelbaren Postkonfliktphasen entstehen im Sicherheitsbereich Spielräume, die oft unerkannt bleiben: Institutionen, Rechtsauffassungen und Handlungsmuster werden hinterfragt und neu verhandelt. Welche staatlichen und „vorstaatlichen“ Einrichtungen tatsächlich entstehen, wird kaum untersucht. Empirische politikwissenschaftliche Forschung zu Herrschaftskonstellationen nach Beendigung von Konflikten in Afrika ist nach wie vor äußerst rar. Auch auf der praktischen Seite gibt es Defizite: Bislang scheint bei nördlichen Gebern das Verlangen nach einem staatlichen Gewaltmonopol als auch nicht ansatzweise hinterfragte Voraussetzung zu stehen, wenn sie Anleitungen für eine „Post-Conflict Reconstruction“ entwerfen. Vorausgehen sollte aber eine Erörterung, ob der Staat, wie er vor dem Ausbruch des gewaltsamen Konfliktes bestand, überhaupt wieder aufgebaut werden sollte und „rekonstruiert“ werden kann, zumal die mitunter gewaltfördernde Rolle des postkolonialen Staates mittlerweile kaum noch angezweifelt wird.
Im vorliegenden Projekt soll danach gefragt werden, welche Akteure (zwischen traditionellen Autoritäten, Restbeständen staatlicher Sicherheitsorgane, privaten Unternehmern und internationalen Peacekeepern etc.) in einer Situation „fragmentierter Autorität“ Sicherheit anbieten (bzw. Gewalt und Kriminalität sanktionieren) und unter welchen Bedingungen dies durch einzelne Bevölkerungsgruppen als legitim betrachtet wird. Es ist leicht möglich, dass einige der Akteure für bestimmte Bevölkerungsteile eher eine Schutzfunktion haben und für andere eher eine Bedrohung darstellen. Empirische Fallstudien werden zu Liberia und Sierra Leone erstellt.
Das Projekt geht davon aus, dass in unmittelbaren Postkonfliktsituationen Gewaltoligopole aus einer begrenzten Zahl von Gewaltakteuren und Sicherheitserzeugern, die untereinander konkurrieren, aber auch Absprachen treffen, existieren. Gefragt wird,
Konkret beabsichtigt wird die Feststellung der Art und Weise des herrschaftlichen Umgangs mit Gewalt in Gesellschaften unmittelbar nach gewaltsamen Konflikten (unter Einschluss der Überprüfung der lokalen Legitimität von Gewaltakteuren). Zum zweiten geht es um eine empirische Erfassung mit anschließender Typologisierung der Gewaltakteure sowie deren Interaktionen in den Fallregionen. Als Ergebnis wird das Zusammenspiel von Gewaltakteuren/Schutzgebern zwischen sich ergänzender Aufgabenerfüllung, aktiven Absprachen und Widerspruch/Konkurrenz modellhaft darzustellen sein. Die Wirkungsweise unterschiedlicher Formen von Gewaltoligopolen ist auch darauf hin zu untersuchen, wie sehr sie mit „struktureller Instabilität“ (d.h. der gesellschaftlichen Unfähigkeit, Konflikte gewaltfrei zu bearbeiten) einhergehen.
Die beiden exemplarischen Fallstudien (Sierra Leone, Liberia) zu Gewaltoligopolen in Postkonfliktsituationen ergänzen die allgemeinen, auf Literaturstudium und Vorarbeiten gestützten theoretischen Erkenntnisse. Die beiden Fälle werden verschiedenen Vergleichsmustern unterzogen: so wird einmal zwischen den beiden Staaten in der Gegenwart, dann zwischen Sierra Leone vor wenigen Jahren und Liberia heute (unmittelbare Postkonfliktphase) sowie innerhalb der beiden Staaten auf der zeitlichen Achse zwischen vergangenem und heutigen Zustand verglichen. Die Ergebnisse der Vergleiche werden mit Resultaten einer nach einem einheitlichen Analysemodell erarbeiteten Studie zur Sicherheitsorganisation in elf weiteren Postkonfliktgesellschaften abgeglichen. Als unmittelbar praxisrelevantes Ergebnis wird schließlich ein Kriterienraster erstellt, mit dessen Hilfe eine Einschätzung der Chancen zielgerichteter Kooperation auch mit nichtstaatlichen Gewaltakteuren vorgenommen werden kann.
Legitimate Oligopolies of Violence in Post-conflict Societies with particular Focus on Liberia and Sierra Leone
During post-conflict periods when actors enjoy considerable leeway in the domain of security, institutions, concepts of law and order as well as patterns of action are challenged and renegotiated – processes that have long gone largely unrecognised. The question as to which state or pre-state institutions emerge during such situations has received little if any attention. There continues to be a lack of empirical research on the constellations of authority following the cessation of conflict in Africa. This lack corresponds to deficiencies on the level of policy-making: It appears that Western donors, until today, base their approaches to post-conflict reconstruction on the wholly unchallenged assumption that the state is the only legitimate bearer of the monopoly of violence. However, such approaches should in fact be preceded by questioning the pre-conflict state’s validity, for it is generally accepted that the post-colonial state has often played an important role in the persistence and escalation of violence. Hence, it should be considered whether the state can and should be reconstructed in its pre-conflict shape.
The central question of the project, then, will be which actors (among the traditional authorities, the remnants of state security, private entrepreneurs and international peace-keeping missions etc.) provide security in a situation of fragmented authority, i.e. sanction violence and crime. Moreover, the project seeks to analyse under which conditions these actors are considered legitimate by different groups within society: some actors might protect specific groups among the population, while representing a threat for others. These questions will be addressed in empirical case studies of Liberia and Sierra Leone.
The project works under the basic assumption that oligopolies of violence exist in periods directly preceded by conflict, comprising a limited number of actors that produce violence and provide security, who both compete and cooperate with each other. More specifically, the following questions are addressed regarding such oligopolies of violence:
Specifically, this means analysing the way in which state and non-state actors deal with violence in societies that emerge from violent conflict, which includes examining the local legitimacy of actors who control violence. Second, we will conduct an empirical survey and subsequent classification of actors who use and control violence – including their interaction with each other in the cases analysed. This analysis then enables the construction of a model that represents the interaction of the actors controlling violence and providing security in terms of the complementary management of tasks amongst each other, their cooperation, contestation of, or competition with each other. The effectiveness of various kinds of oligopolies of violence within society, in turn, will be analysed in terms of the extent to which they are accompanied by structural instability, i.e. the inability of a society to solve conflicts peacefully.
The case studies of oligopolies of violence in post-conflict situations in Sierra Leone and Liberia will complement the general theoretical insights gained from the literature and from a preliminary desk study. The cases will be subjected to different models of comparison: First, we compare the current situation in both states; second, we compare Sierra Leone as it emerged from violent conflict at the turn of the millennium to Liberia as it is today and, finally, a comparison is made on the timeline between the past and present situation in each country. The conclusions drawn from these comparisons will then be collated with the results of a study on the organisation of security in eleven post-conflict societies, which was developed according to a uniform model of analysis. Finally, the project seeks to establish criteria that permit an assessment of the prospects of goal-oriented cooperation with non-state actors, a result which is of direct relevance for policy-making.