Eine geschlechtssensible Perspektive auf politischen Widerstand in der Militärdiktatur – Erzählte Lebensrealitäten von Aktivistinnen im antifranquistischen Widerstand in Katalonien (1960-1977)
Projektleitung: Dr. Silke Hünecke , Philosophische Fakultät, Technische Universität Chemnitz
Projekttyp: Profilprojekt
Fördersumme: 150 Tsd. Euro
Laufzeit: 30 Monate
Eine geschlechtssensible Perspektive auf politischen Widerstand in der Militärdiktatur – Erzählte Lebensrealitäten von Aktivistinnen im antifranquistischen Widerstand in Katalonien (1960-1977)
Projektleitung: Dr. Silke Hünecke , Philosophische Fakultät, Technische Universität Chemnitz
Projekttyp: Profilprojekt
Fördersumme: 150 Tsd. Euro
Laufzeit: 30 Monate
Zusammenfassung
In der Konfliktforschung, konkret in der Widerstands- und Geschlechterforschung, weist das Untersuchungsphänomen „Lebensrealitäten von Aktivistinnen* im Widerstand gegen Militärdiktaturen im 20. Jahrhundert“ etliche Leerstellen auf. Anliegen dieses Projektes ist es, dieses Phänomen exemplarisch anhand des politischen Widerstandes in Katalonien während des Spätfranquismus (1960-1977) zu analysieren. Die Anwendung von Geschlecht als systematische und konzeptionelle Kategorie wird dazu beitragen, neue differenzierte Erkenntnisse über den Forschungsgegenstand zu generieren. Ausgangshypothese der Studie ist, dass Frauen* während des Franquismus nicht nur mit einer autoritären Militärdiktatur, sondern darüber hinaus mit einem antifeministischen und patriarchalen Gesellschaftssystem konfrontiert waren. Entsprechend bestimmte diese ‚doppelte Repression‘ die Lebensrealitäten der politischen Aktivistinnen*, denn als fundamentales Regelungsverhältnis wirkte die patriarchale Geschlechterkonstruktion des national-katholizistischen Franquismus in alle Lebensbereiche bis in die männerdominierten antifranquistischen Widerstandsbewegungen hinein. Im Fokus des Projektes steht die Erforschung der Wirkungen dieser determinierenden Geschlechterkonstruktion auf die Aktivistinnen* sowie die geschlechtsspezifischen Ermächtigungsstrategien und Widerstandspraktiken von Frauen*. Ein weiteres Spezifikum dieser Studie ist die Konzentration auf den Raum Katalonien. Dadurch werden u.a. der franquistische Antikatalanismus (u.a. die politische, kulturelle, sprachliche Repression) als auch die besonderen Charakteristika des antifranquistischen Widerstandes in dieser Region (z.B. der Einfluss der katalanischen Identitätskonstruktion) in der Untersuchung berücksichtigt.
Im Zentrum dieses Vorhabens steht eine qualitative Feldforschung, für die 15 narrative Interviews mit ehemaligen Aktivistinnen* geführt und mittels der Grounded Theory analysiert werden. Die übergeordnete Fragestellung lautet: Wie gestalteten sich die Lebensrealitäten von Aktivistinnen – aus der subjektiven und retrospektiven Sicht der Zeitzeuginnen – im antifranquistischen Widerstand in Katalonien in den 1960/70er Jahren? Das besondere Forschungsinteresse gilt dabei den Erfahrungen und Wahrnehmungen der Zeitzeuginnen* an die Wirkungen der hegemonialen autoritär-patriarchalen Mentalität auf ihre damaligen alltäglichen und politischen Lebensrealitäten (geschlechtsspezifische Diskriminierung, Unterdrückung, Ausschlüsse bis hin zur Repression) sowie ihr widerständiges Denken und Handeln gegenüber der autoritär-patriarchalen Diktatur und Gesellschaft. Interpretiert werden die eigens erhobenen Interviews unter Einbeziehung primärer und sekundärer Literatur sowie grauer Literatur (etwa Schriftzeugnisse des antifranquistischen Widerstandes).
Unterstützt wird das Projekt von Wissenschaftler*innen, Institutionen und zivilgesellschaftlichen Akteurinnen (Betroffeneninitiativen) vor Ort. Die Forschungsergebnisse werden in einer Monographie veröffentlicht. Ein gesellschaftlicher Transfer der Ergebnisse wird durch eine Internetseite, einen zweiteiligen Podcast und zwei öffentliche Veranstaltungen in Deutschland und Katalonien zur Thematik geleistet.
Instagram-Kanal: Instagram
Abstract
In conflict research, specifically in resistance and gender studies, the research phenomenon of ‘the realities of life for women activists in resistance movements against military dictatorships in the 20th century’ contains a number of gaps. The aim of this project is to analyse this phenomenon on the basis of the political resistance in late-Francoist Catalonia (1960-1977). Applying gender as a systematic and conceptual category will allow new and differentiated insights into this research topic to be generated. The study’s initial hypothesis is that under Francoism, women were confronted not only with an authoritarian military dictatorship but also with an anti-feminist, patriarchal social system. This ‘dual repression’ determined the realities of life for women political activists since, as the fundamental regulatory system, National-Catholic Francoism’s patriarchal gender structure affected all areas of life, even the male-dominated anti-Francoist resistance movements. The focus of this project will be to explore the effects this determinative gender structure had on women activists as well as on women’s gendered empowerment strategies and resistance practices. Another specificity of this study is its focus on the region of Catalonia. It will thus also include such aspects as Francoist anti-Catalanism (including political, cultural and linguistic repression) as well as the particular characteristics of anti-Franco resistance in this region (e.g. the influence of the Catalan national identity).
The core of this project will consist of qualitative field research, entailing 15 narrative interviews with former women activists, conducted and analysed using a grounded theory approach. The overarching research question is: What were the realities of life for women activists – from the subjective and retrospective perspective of contemporary witnesses – during the anti-Franco resistance in Catalonia in the 1960s/70s? The research will particularly focus on the experiences and perceptions of women who contemporaneously witnessed the effects of the hegemonic authoritarian-patriarchal mentality on their everyday lives and political realities (gender-specific discrimination, oppression, exclusion, up to and including repression) as well as on their thoughts about and acts of resistance towards this authoritarian-patriarchal dictatorship and society. The interviews will be interpreted with the aid of primary and secondary literature as well as grey literature (e.g. written materials from the anti-Franco resistance).
The project will be supported on-site by academics, institutions and actors from civil society (initiatives for affected persons). The research results will be published in a monograph. Public transfer of the results will be accomplished through a website, a two-part podcast and two public events on the topic in Germany and Catalonia.